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title: Stellungnahme zu Wahlbeeinflussung und Meinungsmanipulation
date: 2020-03-02 09:17:37
updated: 2020-03-06 21:59:42
author: linus
tags: update, pressemitteilung, wahlmanipulation, wahlbeeinflussung
Der Bundestagsausschuss für Angelegenheiten der EU beschäftigt sich heute mit Maßnahmen zum Schutz der liberalen Demokratie in Europa. In seiner Stellungnahme geht der CCC auf Strategien der Zersetzung des politischen Diskurses ein, welche primär durch Meinungsmanipulation auf den „Social Media“-Werbeplattformen vorangetrieben werden. Wir veröffentlichen die Stellungnahme. Die dringendsten Forderungen sind die Regulierung oder Zerschlagung des Oligopols der Werbeplattformen und Investitionen in Medienkompetenz-Bildung, der Verzicht auf digitale Wahlen sowie die Schaffung von sicherer Open-Source-Software für die Wahlauswertung.
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Am Montag findet von 14 bis 16 Uhr im Ausschuss für die Angelegenheiten
der EU eine öffentliche Anhörung über den Schutz von demokratischen
Willensbildungsprozessen und über manipulative Meinungsmache auf den
Werbeplattformen statt.
\[[1](https://www.bundestag.de/ausschuesse/pe1_europaeischeunion/oeffentliche_anhoerungen/683076-683076)\]
Der Chaos Computer Club (CCC) veröffentlicht seine schriftliche
Stellungnahme.
\[[2](/system/uploads/295/original/ccc-stellungnahme-europaausschuss.pdf)\]
Die Stellungnahme fasst Ziele und Methoden der Beeinflussung
demokratischer Willensbildungsprozesse mit Hilfe der sogenannten
„sozialen Medien“ zusammen. Durch die Verlagerung der gesellschaftlichen
Kommunikation und Interaktion in diese kommerziellen Plattformen
gewinnen Manipulationstrategien immer mehr Einfluss bei gleichzeitiger
Erschwinglichkeit für jegliche Interessengruppen.
Im Vordergrund von manipulativen Kampagnen steht die gezielte Ausweitung
von Verunsicherung und Konfusion in der Gesellschaft sowie die weitere
Erosion des Vertrauens in Medien, Institutionen oder Parteien: Menschen
sollen durch Informationsflut, Zweifel an Fakten und konträre
Erklärungsmodelle ihr Vertrauen in staatliche und mediale Institutionen
verlieren.
Gleichzeitig werden verschiedene Weltanschauungen gezielt gefördert und
voneinander entfernt, um Dissens und Unruhe zu stärken. Dazu wird auf
die von den Plattformen im Rahmen ihres primären Geschäftszwecks
angebotene granulare Klassifizierung der Nutzer zurückgegriffen.
Zahlenden Kunden – zu denen auch die Akteure von
Desinformationskampagnen gehören – wird so die gezielte Ansprache von
immer kleineren, präzise definierten Zielgruppen ermöglicht, um ihnen
unterschiedliche Botschaften, Schwerpunkte und Zweifel zu vermitteln.
Profilbildung, Zielgruppenfilterung und Microtargeting schaffen die
Grundlage für politische Meinungsmanipulation – und sind die primären
Geschäftsmodelle der „Sozialen Medien“.
„Eine Vielzahl von Akteuren, die Desinformation und politische
Meinungsmanipulation betreiben, benutzt die sogenannten sozialen Medien
für die Zerrüttung von gesellschaftlicher Willensbildung und damit der
Demokratie“, sagte CCC-Sprecher Frank Rieger. „Es ist dringend nötig,
das Grundproblem zu adressieren: die Konzentration von
Manipulationsmacht bei den Werbeplattformen, die eben nicht nur für
profane Produktwerbung, sondern auch für handfeste Desinformations- und
Manipulationskampagnen benutzt werden.“
Transparenzanforderungen an die kommerziellen Plattformen und die
Verbesserung der digitalen Mündigkeit der Nutzer durch dazu geeignete
Bildungspolitik sind nur das Mindeste zum Beginn einer Gegenstrategie.
Um sinnvolle Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ist es nicht ausreichend, sich
auf einzelne Plattformen und deren Regulierung oder auf bestimmte
staatliche oder nichtstaatliche Akteure zu konzentrieren. Weil die
Manipulationsmechanismen allen Akteuren mit hinreichend vielen
Ressourcen zur Verfügung stehen, muss die Machtkonzentration der
Plattformen beendet werden.
Da Gegen-Propaganda nur den Teufelskreis von Zweifel und Zerrüttung
befördert, wäre eine Immunisierung der Zielgruppen durch Aufklärung,
Medien- und Technikkompetenz die zweite Säule der Verteidigung. Eine
Schulung im bewussten, aufgeklärten und informierten Umgang mit
„Sozialen Medien“ gehört leider entgegen allem Rat sämtlicher Experten
und Expertinnen in Deutschland nach wie vor nicht zu den
Bildungsschwerpunkten. Dies bemängelt der CCC regelmäßig.
\[[3](/de/updates/2017/cms-forderungen)\]
\[[4](/de/updates/2019/digitalpakthessen)\]
Um den demokratischen Prozess als dritte Säule aktiv gegen Angriffe auf
der IT-Ebene zu schützen, ist es zudem nötig, sowohl die Infrastruktur
der Parlamente als auch die Software für die Auswertung von Wahlen und
Abstimmungen auf gut auditierbare, sichere Open-Source-Lösungen
umzustellen. Entsprechende Empfehlungen hat der CCC schon zu früheren
Gelegenheiten zusammengefasst.
\[[5](/de/updates/2019/digitalpakthessen)\]\[[6](/en/updates/2015/it-sicherheit)\]\[[7](/de/updates/2020/ccc-fordert-kompromissloses-recht-auf-verschlusselung)\]\[[8](/de/updates/2017/pc-wahl)\]\[[9](/de/updates/2017/pc-wahl)\]
**Links:**
- \[1\] [Öffentliche Anhörung im Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union des
Bundestags](https://www.bundestag.de/ausschuesse/pe1_europaeischeunion/oeffentliche_anhoerungen/683076-683076)
- \[2\] [Stellungnahme des CCC zu Bedrohungen demokratischer
Willensbildungsprozesse in der EU und zur Rolle kommerzieller
Werbeplattformen („Social
Media“)](/system/uploads/295/original/ccc-stellungnahme-europaausschuss.pdf)
Frühere Stellungnahmen zur Medienkompetenz:
- \[3\] [„Chaos macht Schule“: Forderungen für digitale Bildung an
Schulen](/de/updates/2017/cms-forderungen)
- \[4\] [Stellungnahme des CCC zum Digitalpakt in Hessen: Zeitgemäße
Bildungskonzepte entstehen nicht von
selbst](/de/updates/2019/digitalpakthessen)
Frühere Stellungnahmen zur IT-Sicherheit:
- \[5\] [Effektive IT-Sicherheit
fördern](/system/uploads/149/original/StellungnahmeDigitaleAgenda.pdf)
- \[6\] [Nicht zielführend, dafür risikoreich: Stellungnahme zum
geplanten IT-Sicherheitsgesetz](/de/updates/2015/it-sicherheit)
- \[7\] [CCC fordert kompromissloses Recht auf
Verschlüsselung](/de/updates/2020/ccc-fordert-kompromissloses-recht-auf-verschlusselung)
Frühere Stellungnahmen zur Integrität von Wahlen:
- \[8\] [Manipulierbarkeit von Wahlcomputern gutachterlich
belegt](/de/updates/2007/wahlcomputergutachten)
- \[9\] [Software zur Auswertung der Bundestagswahl unsicher und
angreifbar](/de/updates/2017/pc-wahl)
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