From 6f78eefec84abf1975e1f5361d096bbea10ea772 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: 46halbe <46halbe@berlin.ccc.de> Date: Thu, 7 Feb 2013 10:04:50 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2013/offenerbriefopendata.md | 206 +++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 206 insertions(+) create mode 100644 updates/2013/offenerbriefopendata.md (limited to 'updates/2013/offenerbriefopendata.md') diff --git a/updates/2013/offenerbriefopendata.md b/updates/2013/offenerbriefopendata.md new file mode 100644 index 00000000..4413b9df --- /dev/null +++ b/updates/2013/offenerbriefopendata.md @@ -0,0 +1,206 @@ +title: Zugängliche Plattformen und offene Lizenzen für unsere Daten +date: 2013-02-06 23:26:00 +updated: 2013-02-07 10:04:50 +author: 46halbe +tags: update, pressemitteilung + +Den Standard endlich auf “Offen” setzen! – Offener Brief an das Bundesministerium des Innern + + + +Die vom Bundesministerium des Innern (BMI) geplante +Government-Data-Plattform trat an, "für Deutschland ein nachhaltiges +Angebot an frei zugänglichen Verwaltungsdaten für Bürgerinnen und +Bürger, die Wirtschaft und andere Verwaltungseinheiten" bereitzustellen. +\[1\] + +Der Erfolg der Plattform und der Open-Government-(Data)-Strategie von +Bund und Ländern hängt maßgeblich davon ab, daß Datensätze zugänglich +gemacht werden, die für potentielle Nachnutzer interessant und relevant +sind. Bis heute sind in Deutschland viele relevante Datensätze gar nicht +oder nicht als offene Daten zugänglich. \[2\] Diese Daten müssen im +Sinne der zehn Prinzipen für offene Daten \[3\] technisch und rechtlich +offen sein um die Nachnutzung auch zu kommerziellen Zwecken zu +ermöglichen. + +In dieser gemeinsamen Erklärung begründen mehr als zehn Vertreter der +deutschen Open-Government-Community, warum die Plattform govdata.de in +der jetzt vorgesehen Form nicht akzaptabel ist. + +Die vor kurzem veröffentlichten Rechtemodelle \[4\] für das Portal und +die bisherigen Einblicke in die Plattform zeigen einen Ansatz, der weder +offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards \[5\] ist noch +zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Usability und +Sicherheit. Auch ist bisher nicht ersichtlich, wie man gedenkt, eine +Nachnutzung der Daten aktiv zu fördern und so eine Community rund um das +Datenangebot zur Nachnutzung zu motivieren. Es besteht noch enormer +Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen. + +Das vorgeschlagene Lizenzmodell ist eine Insellösung! + +Auch wenn das vorgeschlagene Lizenzmodell in seiner Einfachheit besser +als das völlig unbrauchbare GeoLizenzen-Modell \[6\] ist, erschwert es +dennoch über die Maßen die Verbreitung, Weiternutzung und Verschränkung +der Daten. Anstatt auf international etablierte offene Lizenzmodelle +zurückzugreifen wird ein neues Modell "Marke Eigenbau" als Insellösung +geschaffen, das für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt. Daß +entscheidende Begriffe wie "Quellenangabe" nicht bzw. nicht ausreichend +definiert sind, hilft der Nachnutzung ebenfalls nicht. + +Eine rechtliche Insellösung wie die hier gewählte bewirkt, daß für die +betroffenen Daten andere rechtliche Vorgaben beachtet werden müssen als +für zahllose andere Datensammlungen weltweit, die sich an internationale +Standards halten. Will man sich als Nachnutzer nicht bewußt in eine +rechtliche Grauzone begegen, müssen also zusätzliche Vorgaben rechtlich +analysiert werden, was die sogenannten "Transaktionskosten" erhöht und +damit zahlreichen Nachnutzungsideen die Realisierbarkeit nimmt. Eine +freie und offene Nutzung der mit Steuergeldern finanzierten Daten ist so +nicht möglich, da die Daten gerade nicht einfach und ohne rechtlichen +Abgleich mit anderen kombiniert werden können. Zwar wird "Big Data" +gerne als Innovationsmotor im Munde geführt, Deutschland geht mit dem +neuen Portal aber in Richtung Daten-Kleinstaaterei. Es wird ein +nationaler, getrennter Datenpool geschaffen, dessen Nutzungsbedingungen +nicht mit internationalen Standardlösungen kompatibel sind. + +Den Standard auf "Offen" setzen und Ausnahmen öffentlich begründen! + +Geschlossene Daten mögen in sensiblen Bereichen zu rechtfertigen sein, +sie müssen aber die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Deshalb +grenzt es an Irreführung, wenn der Begriff "Open Data" sowohl in der +Fraunhofer-FOKUS-Studie als auch in den Ankündigungen des BMI +hervorgehoben wird, solange es teilnehmenden datenhaltenden Stellen +völlig freisteht, durch Wahl der nicht-kommerziellen Variante der Lizenz +\[7\] die kommerzielle Nachnutzung zu verbieten. Es steht zu befürchten, +daß viele Behörden aus Bequemlichkeit diese Variante einer "Freigabe" +wählen werden, womit alle betroffenen Daten gerade nicht offen +lizenziert und somit eine Kombination mit offenen Daten rechtlich +blockiert wird. Das Gegenteil sollte gelten: Staatliche Organe sollten +begründen müssen, warum durch Steuergelder finanzierte Daten nicht für +alle uneingeschränkt zur Nachnutzung bereitstehen. Das öffentliche +Interesse an freiem Zugang zu staatlichen Informationen wiegt höher als +das Gutdünken einzelner Behörden. + +Warum ist das so wichtig? Nur wirklich offene Daten +([www.opendefinition.org](http://opendefinition.org/)) können neben +ihrem gesellschaftlichen Mehrwert auch gefahrlos in solchen Bereichen +genutzt werden, bei denen nicht vollständig klar ist, ob es sich um +kommerzielle Verwendungen handelt oder nicht. Gerade in den weltweiten +Datennetzen ist diese Grauzone größer als die deutsche Politik wohl +wahrhaben möchte. Freie Daten können denn auch als Wirtschaftsförderung +verstanden werden, da sie ohne einen einzigen Euro an Subventionen einen +enormen Schub an wirtschaftlichen Impulsen und Innovationen bedeuten +können. + +Was muß geschehen? + +Der Erfolg der Plattform und der gesamten +Open-Government-(Data)-Strategie des Bundes hängt maßgeblich von einer +echten offenen Freigabe der Verwaltungsdaten ab. Bisher droht die +Umsetzung dagegen vor allem zu einer inhaltlichen Entwertung des +Begriffes "Open Government” zu führen und damit auch die Entwicklung zu +offenem Regieren in Deutschland nachhaltig zu bremsen. + +Deshalb fordern wir für die weitere Entwicklung von www.govdata.de: + +1. Datensätze als offene Daten (im Sinne der [zehn Prinzipen für offene + Daten](http://wiki.okfn.de/10-Prinzipien-fuer-offene-Daten)) + zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant, + relevant und tatsächlich nachnutzbar sind. Eine nicht-erschöpfende + Liste solcher Datensätze siehe unten; +2. Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und + offenen Lizenzen (gemäß [Open + Definition](http://opendefinition.org/okd/deutsch/)) sowie + Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte + Nutzungsbedingungen; +3. Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu + lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten + Ausnahmefällen zuzulassen; +4. Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten + zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf + rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit; +5. Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten + Daten prioritär zu veröffentlichen und von der + pro-forma-Veröffentlichung von "Schnarchdaten" abzusehen; +6. Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als + zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten; +7. Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und + Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von + Daten erteilen kann. + +Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören, +sondern weil diese sie verwaltet. + +Verwaltungsdaten zu öffnen ist nur dann überhaupt von Nutzen, wenn eine +Nachnutzung uneingeschränkt möglich ist und aktiv gefördert wird. +Entsprechend sollte die Plattform eine Vorbildfunktion haben, indem sie +die Unterstützung all jener, auf deren Nachnutzung gebaut wird, auch +gewinnt. Das wird sie nur, wenn sie sich mit anderen Portalen in Bezug +auf Bedienung, Schnittstellen, Sicherheit, Barrierefreiheit und eben +auch hinsichtlich Offenheit messen lassen kann. Noch sind wir weit von +diesem Zustand entfernt, weshalb der derzeitige Ansatz nicht die +Unterstützung der "Community" findet. + +Mit freundlichen Grüßen, + +Vertreter der "Open-Data-Community Deutschland" + +  + +**Erstunterzeichner**: + +Daniel Dietrich, Open Knowledge Foudation Deutschland e. V., +Vorstandsvorsitzender + +Daniel Lentfer, Mitinitiator des Hamburgischen Transparenzgesetzes + +Mathias Schindler, Wikimedia Deutschland e. V. + +Boris Hekele, abgeordnetenwatch.de/Parlamentwatch e. V., Mitgründer + +Lavinia Steiner, Digitale Gesellschaft e. V., stellvertretende +Vorstandsvorsitzende + +Markus Beckedahl, netzpolitik.org + +Christian Heise, Initiative e-demokratie.org, Open Knowledge Foundation +Deutschland e. V. + +Christian Horchert, Open Data Network e. V., stellvertretender +Vorstandsvorsitzender + +Sören Auer, Koordinator des EU-Forschungsprojektes zu Linked Open Data +LOD2 + +Michael Hirdes, Chaos Computer Club e. V. + +Holger Drewes, opendata-showroom.org + +  + +**Unterzeichne auch Du!** + + + +  + +**Links**: + +\[1\] ehemalige Ankündigung auf +[daten-deutschland.de](http://daten-deutschland.de/) + +\[2\] Eine Liste davon haben wir [hier +zusammengefaßt](https://docs.google.com/spreadsheet/ccc?key=0AplklDf0nYxWdEx1RGJJX3hnVHl5VzRvWGMwZjMyaHc&usp=sharing&authkey=CPaKlO0N#gid=0) +(Google Docs) + +\[3\] + + +\[4\] + + +\[5\] + +\[6\] + +\[7\] + -- cgit v1.2.3