From b1cdd91921e4951860dbe3907b3fac5547e94709 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: presse Date: Sat, 18 Apr 2009 19:12:41 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md | 93 ++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 93 insertions(+) create mode 100644 updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md (limited to 'updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md') diff --git a/updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md b/updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md new file mode 100644 index 00000000..569c4e96 --- /dev/null +++ b/updates/2008/wahlbeobachtungen-hessen.md @@ -0,0 +1,93 @@ +title: Schwerwiegende Wahlcomputer-Probleme bei der Hessenwahl - Wahleinsprüche und Nachwahlen erwartet +date: 2008-01-27 00:00:00 +updated: 2009-04-18 19:12:41 +author: presse +tags: update, pressemitteilung + +Beim Einsatz der NEDAP-Wahlcomputer bei den heutigen Wahlen zum hessischen Landtag kam es zu gravierenden Problemen und Unregelmäßigkeiten. + + + +Neben massiver Behinderung der Wahlbeobachtung in mehreren Gemeinden kam +es zu einer Reihe von Vorfällen, welche die Behauptungen des hessischen +Innenministeriums über die Sicherheit und Zuverlässigkeit der +Wahlcomputer klar widerlegen. In mindestens einer Gemeinde wurden die +Computer über Nacht in den Privatwohnungen von Parteimitgliedern +gelagert. Dies sei “gängige Praxis”, bestätigten Mitarbeiter des +Ordnungsamtes den Wahlbeobachtern. Alle neun Wahlcomputer der Gemeinde +Niedernhausen seien privat gelagert worden. + +“Die Lagerung der Wahlcomputer über Nacht zu Hause bei Lokalpolitikern +ist das Albtraum-Szenario für eine Innentäter-Manipulation, auch nach +der Logik des hessischen Innenministeriums. So etwas haben selbst wir +uns nicht vorstellen können”, sagte der Sprecher des Chaos Computer Club +(CCC), Dirk Engling. + +In zwei Wahllokalen waren Wahlbeobachter des CCC für längere Zeit +alleine mit den bereits angelieferten Wahlcomputern, bevor der +Wahlvorstand eintraf. Manipulationen hätten problemlos vorgenommen +werden können. + +In mindestens einem Wahllokal versagte die NEDAP-Technik: Ein +Wahlcomputer in Viernheim zeigte nach Inbetriebnahme um kurz vor 8 Uhr +nur eine Fehlermeldung an. Eine normale Wahl war somit unmöglich. Erst +nach einer Stunde war ein Ersatzcomputer im Wahllokal eingetroffen. In +dieser Zeit konnten viele Wähler ihr Wahlrecht nicht ausüben. + +In Obertshausen wurde interessierten Bürgern das Betreten des Wahllokals +durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamts verweigert, sogar die Festnahme +wurde den Beobachtern angedroht. “Von Offenheit und der rechtlich +verbürgten Öffentlichkeit der Wahl hat der Wahlleiter von Obertshausen +offenbar noch nichts gehört”, kommentierte CCC-Sprecher Dirk Engling. +Schon im Vorfeld versuchten einige Wahlleiter, aktiv eine +Wahlbeobachtung zu behindern. + +Die Beobachtungen von über 50 interessierten Bürgern ergaben weiterhin, +dass ein großer Teil der älteren Wähler entgegen den Behauptungen im +Vorfeld der Wahl Probleme hatte, die Stimme an den Computern abzugeben. +Viele waren so überfordert, dass Wahlhelfer ihnen bei der Stimmabgabe +Hilfestellung geben mussten. + +Der CCC besuchte auch die Verantwortlichen in den hessischen Gemeinden, +die sich nach einer Testphase gegen die umstrittenen Wahlcomputer +entschieden hatten. Als kleines Dankeschön überbrachten CCC-Aktivisten +den Wahlhelfern in den entsprechenden Wahllokalen leckere Kekse zur +Stärkung bei der Auszählung. Dabei ergaben sich interessante Einblicke +in die Gründe für die Ablehnung der NEDAP-Wahlcomputer. + +Bei früheren Wahlen hatte Weiterstadt mit Computern abstimmen lassen. +“Wir waren unter den ersten, die Wahlcomputer eingesetzt haben. Nach der +ersten Wahl hatten wir jedoch das Gefühl, dass der Aufwand im Vorfeld zu +groß war”, sagte Herr Gerald Eberlein, Wahlleiter aus Weiterstadt. “Ich +hatte einfach nur ein unsicheres Gefühl dabei”, begründete er nun die +Abkehr von den umstrittenen Computern. + +In Erzhausen wurde auch wieder auf Papier gewählt. “Wir hatten die +Computer wegen des Kumulierens und Panaschierens gemietet, die +versprochene Zeitersparnis war aber nicht eingetreten, es ist einzig +teurer geworden. Deswegen haben wir wieder zu Papier gewechselt”, sagte +Dieter Karl, Bürgermeister von Erzhausen, dem CCC. Die vom kommerziellen +Anbieter der NEDAP-Wahlcomputer versprochene Vorteile seien gar nicht +eingetreten. + +In der Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Wahlcomputern zeigt sich, +dass sie nicht nur kein Personal einsparen, sondern ein Mehr an Kosten +und Zeit für die Gemeinden bedeuten, der unbemerkten Manipulation des +Ergebnisses Vorschub leisten sowie Senioren erhebliche Probleme +bereiten. + +Die Vielzahl der Verstöße gegen die verordneten Prozeduren, die durch +die Wahlbeobachter festgestellt wurden, und die Zuverlässigkeitsprobleme +der NEDAP-Systeme verdeutlichen einmal mehr das grundlegende Problem von +Wahlcomputern: die nicht vorhandene Überprüfbarkeit und Transparenz der +Wahl. Weder Wähler noch Wahlhelfer konnten die Korrektheit der +Stimmabgabe und Zählung nachvollziehen. Eine nachträgliche Neuauszählung +ist de facto nicht möglich. + +“Die Wahlbeobachtung in Hessen zeigt, dass es endgültig Zeit wird, die +Wahlcomputer auch in Deutschland aus dem Verkehr zu ziehen”, sagte +CCC-Sprecher Dirk Engling. “Gerade angesichts des knappen Wahlausgangs +in Hessen werden die untragbaren Risiken von Computerwahlen +überdeutlich.” + +Der CCC dankt allen Wahlbeobachtern für ihr Engagement! -- cgit v1.2.3