From d61664795190268d7805802bc337708cb4ad1de4 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: admin Date: Sat, 18 Apr 2009 19:12:38 +0000 Subject: committing page revision 1 --- updates/2006/bagatellklauselweg.md | 57 ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 1 file changed, 57 insertions(+) create mode 100644 updates/2006/bagatellklauselweg.md diff --git a/updates/2006/bagatellklauselweg.md b/updates/2006/bagatellklauselweg.md new file mode 100644 index 00000000..4056c2db --- /dev/null +++ b/updates/2006/bagatellklauselweg.md @@ -0,0 +1,57 @@ +title: CCC: Kabinett verspielt beim Entwurf zum Urheberrecht die Weichenstellung für die Zukunft und kriminalisiert die Schulhöfe +date: 2006-03-22 00:00:00 +updated: 2009-04-18 19:12:38 +author: admin +tags: update + + +Zum heutigen Kabinettsentwurf des sogenannten "zweiten Korbs" der Urheberrechtsnovelle drückt der Chaos Computer Club e.V. (CCC) seine tiefe Enttäuschung über das kurzsichtige Handeln der Bundesregierung und ihre weitgehende Ignoranz gegenüber Verbraucherinteressen aus. Nach Ansicht des CCC führt insbesondere die Streichung der Bagatellklausel aus dem Entwurf zu einer Kriminalisierung breiter Bevölkerungsschichten. Den Buchstaben des Entwurfes folgend müsste es nach Inkrafttreten des Gesetzes zu einer Verhaftungswelle auf den Schulhöfen kommen. + + + + +Mit dem Kabinettsentwurf wird deutlich, dass die Lobbymacht der +Rechteverwerter am Ende stark genug war, um Jusitizministerin Brigitte +Zypries (SPD) einknicken zu lassen. Die von ihr selbst als Kompromiss in +die Debatte eingebrachte Bagatellklausel für das geringfügige Anbieten +und Herunterladen von Medien in Dateitauschdiensten fehlt nun +vollständig. Weitere Verbraucherrechte werden in dem Entwurf ebenfalls +nicht beachtet, das Papier liest sich streckenweise wie eine Wunschliste +der Unterhaltungsindustrie. Weiterhin bleibt das Lippenbekenntnis zur +Privatkopie bestehen, die Verbraucherrechte laufen allerdings sofort ins +Leere, wenn die Industrie ihre Produkte mit Digitalem Rechtemanagement +(DRM) ausstattet und das Anfertigen von Kopien somit zur strafbaren +"Umgehung von Kopierschutzmechanismen" macht. + +Auf weitere Probleme mit DRM für die Verbraucher geht der Entwurf +ebenfalls nicht ein. Nach Ansicht des CCC fehlt das klare Bekenntnis zu +Interoperabilität und Datenschutz. So schreibt der Entwurf -- anders als +im Nachbarland Frankreich kürzlich beschlossen -- nicht vor, dass beim +Einsatz von DRM Hersteller auch Schnittstellen bereitstellen müssen, um +DRM-behaftete Medien zu sichern. Der Verbraucher muss in Kauf nehmen, +dass er seine digitale Musiksammlung mit DRM verliert, wenn sein +Abspielgerät kaputt geht. Auch dem Streben der Industrie, DRM zum +Ausspähen von Kunden einzusetzen, muss ein Riegel vorgeschoben werden. +Informationen aus DRM dürfen nicht benutzt werden, die Art und Weise +sowie die Intensität des privaten Werkgenusses aufzuzeichnen oder an +eine zentrale Stelle zu übermitteln. Dabei handelt es sich nicht um +Gedankenspiele. Ende 2005 brachte die Firma Sony mehrere DRM-behaftete +CDs auf den Markt, die auf den Computern von nichtsahnenden Verbrauchern +virenähnliche Schadprogramme einnisteten. Eine generelle +Kennzeichnungspflicht für mit DRM versehene Medien ist dringend geboten. +In Form und Gestaltung sollte sich diese an den Warnhinweisen auf +Zigarettenpackungen orientieren. + +Der Chaos Computer Club fordert die verantwortlichen Politiker in den +Ausschüssen und in Bundestag und Bundesrat auf, dem vorliegenden +Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen. Die Folgen für die Zukunft der +digitalen Gesellschaft wären fatal. Verbraucherrechte wie Datenschutz +und das Recht auf Privatkopie dürfen nicht hinter Industrieinteressen +zurückstehen. Ein in sich widersprüchlicher Gesetzentwurf, der +einerseits ein bisschen Privatkopie erlaubt, andererseits jede +"Umgehung" kriminalisiert und den Rechteverwertern einen Blankoscheck in +Sachen DRM ausstellt, ist nicht hinnehmbar. Anstatt den Startschuss zu +geben zu einer zu erwartenden Überlastung der Gerichte durch die +massenhafte Verfolgung meist jugendlicher Filesharer, muss die Politik +in erster Linie den Verbraucher vor einer immer hemmungsloser werdenden +Rechteverwerterlobby schützen. -- cgit v1.2.3