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1title: Chaos Computer Club fordert Erhalt der Freiheit im Netz
2date: 2008-11-27 00:00:00
3updated: 2009-04-18 19:07:49
4author: erdgeist
5tags: update, pressemitteilung
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7Das sogenannte Telekom-Paket ist eine umfassende Sammlung neuer Regelungen des Europäischen Parlaments für die Rechte von Verbrauchern auf dem Telekommunikationsmarkt. Neben vielen begrüßenswerten Neuregelungen zugunsten der Verbraucher sollen jedoch gleichzeitig die Nutzer von Tauschbörsen verfolgt und Internetsperrungen ermöglicht werden. Derweil planen deutsche Politiker die Einführung einer umfassenden Internet-Zensurinfrastruktur.
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11Am heutigen Donnerstag wird der EU-Ministerrat das Telekom-Paket, das
12aus mehreren neuen Richtlinien für elektronische Kommunikation (Mobil-
13und Festnetztelefonie, Rundfunk und Internet) besteht, erneut
14verhandeln. Eigentlich gehören Inhalte von Kommunikation nicht in den
15Kompetenzbereich von europäischen Richtlinien, die Lobbyisten der Musik-
16und Filmindustrie haben jedoch ganze Arbeit geleistet. Wird das
17Telekom-Paket unverändert beschlossen, droht in zwei Jahren in
18Deutschland eine weitere Verschärfung der systematischen Überwachung der
19Telekommunikation und eine neue Jagd auf Filesharer bis hin zu
20Internetentzug ohne richterlichen Beschluss.
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22Unter dem Deckmantel der Regulierung des Telekommunikationsmarktes
23sollen in dem Paket grundlegende Freiheitsrechte der Europäer
24beschnitten werden. Das Recht auf freien und ungehinderten Zugang zu
25Kommunikation und Information wird dem Profitstreben der
26Unterhaltungsmafia geopfert. Ohne Zugang zum Internet ist der Mehrheit
27der Deutschen eine normale Lebensführung jedoch nicht mehr möglich. Ein
28Studium an einer deutschen Universität ist z. B. ohne Internetnutzung
29undurchführbar, da alle wesentlichen Informationen und
30Verwaltungsvorgänge elektronisch übermittelt werden. Mit der Umsetzung
31der von der Bundesregierung propagierten eGovernment-Ziele kommt ein
32Ausschluss vom Internet de facto einem Entzug der Bürgerrechte gleich.
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34Zeitgleich versuchen konservative Internetausdrucker wie
35Familienministerin Ursula von der Leyen und Wirtschaftsminister Michael
36Glos unter der Flagge "Bekämpfung von Kinderpornographie" eine
37flächendeckende Internet-Zensurinfrastruktur durchzudrücken. Der
38CDU-Plan sieht vor, Provider zur Installation von Filtersystemen zu
39verpflichten. Internet-Routerhersteller bieten solche Geräte gern zur
40"Optimierung der Bandbreitennutzung" für Internetanbieter an. Dass sie
41ohne weiteres zur Zensur beliebiger Internetinhalte benutzt werden
42können, ist bislang kaum bekannt. Mit der durchgehenden Installation
43solcher Zensurgeräte wäre das komplette Ausblenden missliebiger oder
44oppositioneller Inhalte für den Normalnutzer problemlos möglich. Einzig
45die Frage, wer nach welchen Kriterien die Zensurlisten verwaltet, ist
46dann noch von Belang.
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48“Damit begeben sich Europa und Deutschland auf eine Stufe mit Diktaturen
49und Unterdrückungsregimes, die ihre Bevölkerung nach eigenem Bekunden
50auch nur vor 'schlechten Einflüssen' schützen wollen”, sagte
51CCC-Sprecher Dirk Engling. “Die für Innovation, Fortschritt,
52Meinungsfreiheit und gesellschaftliche Entwicklung zwingend notwendige
53Netzneutralität wird damit ausgehebelt.”
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55Die Unterdrückung von Kinderporno-Seiten ist nur der Vorwand, um eine
56solche Zensurinfrastruktur einzuführen. Gesellschaftliche Probleme wie
57Kinderpornographie sind jedoch nicht durch Wegschauen und Ausblenden zu
58lösen. Stattdessen müssen die Strafverfolgungsbehörden endlich mit
59genügend Personal und Infrastruktur ausgerüstet werden, um effektiv und
60gezielt gegen die Hersteller und Verbreiter von Kinderpornographie
61vorzugehen. Die Regierung versucht hier wieder einmal, untaugliche und
62ineffiziente Maßnahmen als Lösung zu verkaufen, anstatt ausreichend
63Ressourcen für wirksame und zielführende Vorgehensweisen
64bereitzustellen.
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66Der Chaos Computer Club wendet sich gegen jede Form der Einschränkung
67des Zugangs zu ungehinderter Kommunikation und Information. Der freie
68Informationsaustausch ist einer der Grundpfeiler der westlichen
69Zivilisation und darf nicht Profitinteressen von Medienkonzernen oder
70vorgeblicher Kriminalitätsbekämpfung geopfert werden. Anstatt den Zugang
71zum Internet endlich als elementare Voraussetzung für die kulturelle
72Teilhabe und Umsetzung des Menschenrechts auf Information und
73Kommunikation anzuerkennen, diskutieren Politiker nach wie vor, unter
74welchen Voraussetzungen Menschen von diesem Medium ausgeschlossen werden
75können.
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77“Wieder einmal werden hier Geist und Buchstabe der Verfassung ignoriert.
78Ob dies nun aus Unfähigkeit oder Böswilligkeit geschieht, ist
79mittlerweile unerheblich geworden”, fasste CCC-Sprecher Dirk Engling
80zusammen.